Ein Herr steht lässig an die Wand gelehnt, während eine Dame auf einem Sessel sitzt und angestrengt zur Seite blickt. Sie scheinen auf etwas Unbestimmtes zu warten.
Die Blickrichtungen der beiden gehen auseinander und so scheint auch die Haltung zueinander zu sein. Zwischen ihnen schwingen eine latente Spannung und eine uneingestandene Distanz. Es ist eine der für Schuh charakteristischen Paarkonstellationen. Er hat das Foto unter dem schlichten Titel «Paar» in seinen Fotoband «Begegnungen» von 1956 aufgenommen. Heute wissen wir allerdings, dass diese beiden Personen rein zufällig nebeneinander zu stehen bzw. zu sitzen kamen und in keiner Beziehung zueinanderstanden. Der Herr ist nämlich Beno Blumenstein (1924–2010), der Lebensgefährte von Hanny Fries. Sie arbeitete als Theaterillustratorin im Schauspielhaus Zürich und besuchte die Proben. Und Beno wartete im Foyer des Schauspielhauses auf sie, um sie nach der Probe abzuholen. Wer die sitzende Dame ist, ist uns leider nicht bekannt. Gotthard Schuh ging es bei diesem Foto nicht um die Personen an sich, sondern um die eingefangene Situation. Darin zeigt sich sehr schön sein Verständnis von Fotografie. Eine gute Fotografie sollte auch ohne Erklärungen und ohne Kontext ihre Wirkung entfalten. Sein Anspruch war es, die Essenz des Augenblicks in einem Einzelbild zu erfassen und damit ein gleichsam «zeitloses» Bild zu schaffen, das für sich selbst sprach.