
Mit dem Layout für die Fotobuchreihe «J’aime…» setzte Jacques Plancherel neue Massstäbe in der Buchgestaltung.
Angefragt hatte ihn der Fotograf Yvan Dalain (1927–2007), der mit dem Schriftsteller Jean-Pierre Moulin (1922–2023) das Konzept für diese Reihe entwickelt hatte. Darin wurden verschiedene darstellende Künste – vom Zirkus, der Pantomime über den Film bis hin zur Oper – dokumentiert. Jeder Band wurde von einem anderen Schriftsteller-Fotografen-Duo verfasst. Den Titel der Reihe entlehnten sie dem Chanson «Moi, j’aime le Music-Hall» von Charles Trenet, das 1955 ein grosser Hit gewesen ist. Ein Band der Reihe war denn auch dem Varietétheater gewidmet. Als Erstes wurde jedoch der Band «J’aime le Cinéma» mit Essays von Franck Jotterand (1923–2000) und Fotos verschiedener bei Magnum unter Vertrag stehender Fotografen realisiert. Er erschien Ende 1961 im Verlag Éditions Rencontre in Lausanne. Es folgten noch zwölf weitere Bände unter dem französischen Reihentitel «J’aime» sowie in deutscher Übersetzung unter «Eintritt frei».
Jacques Plancherel war jeweils für das Layout und das Arrangement der Fotos verantwortlich. Allein das Format war Programm. Für Fotobände ist es vergleichsweise klein, doch das spezielle Querformat erinnert an eine Kinoleinwand und suggeriert Breite. Durch eine sorgfältige Auswahl und Anordnung, liess Plancherel die Fotos in einen spannungsvollen Dialog treten. Zum Band «J’aime le Music-Hall» bzw. «Eintritt frei Varieté» existieren Originalentwürfe, die aufzeigen, wie er die Wirkung der Bilder in ihrer Abfolge testete. Sie sind als Leihgabe der Fotostiftung Winterthur in der aktuellen Ausstellung zu sehen.
Eine weitere Leihgabe stammt vom Kabarettisten Emil Steinberger. Er hat uns freundlicherweise den Band «J’aime le Strip-Tease» überlassen. Emil war Schüler von Jacques Plancherel an der Kunstgewerbeschule Luzern. Im Dokumentarfilm von Tobias Wyss über Jacques Plancherel aus dem Jahr 1987, der ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist, hält Emil diesen Band seines Lehrers in die Kamera und erzählt, wie begeistert er von der speziellen Aufmachung gewesen sei. So kamen wir auf die Idee, ihn zu fragen, ob er dieses Buch noch besitze und bereit wäre, es für die Ausstellung auszuleihen. Et voilà! – Kommen Sie vorbei und entdecken Sie weitere Geschichten hinter den Objekten.
Quelle: Olivier Lugon: J’aime le Music-Hall. In: Peter Pfrunder (Hrsg.). Schweizer Fotobücher 1927 bis heute. Eine andere Geschichte der Fotografie. Zürich: Lars Müller Publishers, 2011, S. 252–259.
