Es ist ein bedeutendes Frühwerk von Cuno Amiet und das älteste Bild, das in unserer Ausstellung zu sehen ist: die Landschaft bei Pont-Aven von 1892.
Das Bild besticht durch seine leuchtende Farbigkeit, den pastosen Pinselauftrag und die Dynamik der Bewegung. Man spürt förmlich den Wind, der durch diese Küstenlandschaft rauscht. Nach Studienjahren in München und Paris fühlte sich Amiet orientierungslos. Er befand sich in einer künstlerischen Sackgasse. Da empfahl ihm der ungarische Maler Hugó Poll, die Künstlerkolonie von Pont-Aven in der Bretagne aufzusuchen. Diese war 1886 von Paul Gauguin gegründet worden. Gauguin und sein Kreis waren bestrebt, den Impressionismus zu überwinden. Sie wandten sich von der Freilichtmalerei und den Licht-Schatten-Effekten ab und versuchten, ihre Eindrücke aus der Erinnerung, mittels Farben und Formen wiederzugeben. Cuno Amiet zögerte nicht lange und reiste im Sommer 1892 in die Bretagne. Gauguin war zu dieser Zeit bereits in Tahiti, dafür lernte Amiet dessen Schüler und Freunde kennen, darunter Émile Bernard, Paul Sérusier, Armand Séguin und den schottischen Maler Roderic O’Conor. Der Austausch mit den Malern der französischen Avantgarde und das Studium der Originalwerke von Paul Cézanne, Vincent van Gogh und Paul Gauguin kamen einem künstlerischen Erweckungserlebnis gleich. Amiet sah hier, wie die Post-Impressionisten mit reinen Farben umgehen, die Flächen und Linien betonen oder den Pinselstrich variieren. Das hat ihn sehr inspiriert (vgl. hierzu auch Atelierblog #95 und #98). In Pont-Aven wurde der Grundstein für sein gesamtes künftiges Schaffen gelegt. Nach etwas mehr als einem Jahr produktiven Lernens und Schaffens in der Bretagne ging Amiet das Geld aus, und er musste schweren Herzens in die Schweiz zurückkehren. Seinem Freund Giovanni Giacometti schrieb er im Januar 1893: «Dir von diesem schönen Land zu erzählen, das man die Bretagne nennt, dazu habe ich nicht den Mut. Der Tag, da ich sie verlassen muss, rückt näher. Ich wage nicht, daran zu denken, ich würde weinen wollen, und mit Tränen, die weh tun. Wenn ich spazieren gehe, verschlinge ich die Landschaft mit meinen Augen, die Menschen, die vorbeigehen, jedes Objekt um seiner selbst willen, um alles gut in meiner Erinnerung festzuhalten. Noch nie habe ich mich einem Ort so verbunden gefühlt wie diesem hier!»
Heute beherbergt das malerische Dort Pont-Aven ein Museum, das der Künstlerkolonie gewidmet ist. https://www.museepontaven.fr/fr/